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Internet-Erfinder gegen Zweiklassen-Web

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Ein Expresszuschlag auf der Datenautobahn des World Wide Web ist für die einen Diskriminierung, für die anderen ein Gütesiegel. Vint Cerf, einer der Erfinder des Internet, hat jetzt in Berlin ein diskriminierungsfreies Web gefordert und damit die Telekommunikationskonzerne kritisiert.

Telekom, Vodafone und ihre Mitbewerber planen, ihren Kunden Internetzugänge unterschiedlicher Qualitäten zu verkaufen: teure mit garantierten Bandbreiten zum Beispiel für Video-on-Demand und billige mit weniger Garantien, die kaum über bestimmte Download-Raten hinaus gehen. Folge der Bandbreitengarantie ist, dass andere Dienste wie Musik- oder Fotodownloads langsamer vonstatten gehen.

Insbesondere in den USA ist diese Strategie umstritten und wird als Diskriminierung gewertet. Eine Bürgerbewegung fordert dort Netzneutralität, also den gleichwertigen und unkontrollierten Transport aller Datenpakete. Sie kritisiert auch, dass Internet-Serviceprovider in diese Pakete hineinsehen, um die als wichtig erachteten zu erkennen. Diese „Deep Package Inspection“ ist aus Gründen des Datenschutzes umstritten. Das Thema ist auch in Deutschland angekommen: Eine Enquete-Kommission des Bundestages erörtert diese Fragen.

Cerf warnte, Netzanbieter schadeten sich selbst, wenn sie Internetzugänge unterschiedlicher Güte mit garantierten Bandbreiten („Quality of Service“) verkaufen. Es sei aufwendig und teuer, ein Netz vorzuhalten, das über genügend Kapazitäten verfüge, um einzelne Datenpakete in einem exakten und garantierten Takt senden zu können, sodass zum Beispiel der Film beim Kunden ohne Ruckeln ankomme. Das Netz sei ohnehin überbucht: Telekommunikakionskonzerne hätten mehr Bandbreite verkauft, als sie garantieren könnten. Cerf hielt einen Vortrag in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu dem der Internetkonzern Google eingeladen hatte.

Rat des Experten: Es sei billiger, die Kapazität des Netzes zu erhöhen.  Er prophezeite: „Im Gigabit-Netz der Zukunft werden Filme schneller heruntergeladen als man sie ansehen kann.“ Das mache Streaming ünerflüssig. Der seit 2005 bei Google beschäftigte Wissenschaftler sprach sich auch für einen stärkeren Wettbewerb der Netzbetreiber aus.

Zum Thema „Cloud Computing“ sagte Cerf, hier sei man heute ungefähr auf dem Stand  wie im Jahr 1973 beim Ausbau des World Wide Web. „Es gibt zwar einige Clouds, die aber nicht interagieren können“, sagte er. Wie damals bei der Entwicklung des TCP/IP-Protokolls und der daraus resultierenden Vernetzung isolierter Computer fehle auch heute das Programmierer-Vokabular, damit die einzelnen Wolken Daten austauschen könnten. Den Informationsaustausch zwischen Cloud-Systemen bezeichnete er als „sehr große Herausforderung“.

Auf die Frage nach dem Internet im Jahr 2025 sagte der „Vater des Web“, er erwarte, dass dann 70 Prozent der Weltbevölkerung online seien. Das Internet werde sich neue Bereiche erschließen, beispielsweise den Automobil-Sektor. Fahrzeuge würden untereinander Daten austauschen können, damit der Verkehr sicherer und zügiger fließe. Eine weiteres Feld sei die Medizintechnik. Vernetzte Sensoren am Körper würden Gesundheitsdaten sammeln, die über das Internet ausgewertet würden. Genau könne man die Entwicklung aber nicht vorhersagen, meinte der 67-Jährige. „Das Wachstum der Erfindungen ist exponentiell.“

 

 

 

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